das ist einfach nur schön zu sehen, dass jemand die selbstentblössung, die ich aus mir selber nicht ganz einsichtigen motiven hier betreibe, wie gesagt, im zeitgeist bin ich keine ausnahme, zur kenntnis nimmt.
vielleicht wird es zeit, etwas ganz und gar positives und aufbauendes zu sagen.
das haus, das heute so viel von marie z. hat, dass es keine einzige ecke gibt, die nicht von ihr spricht, unser haus, an dessen schönheit wir wuchsen, um es noch schöner zu machen, jedes zimmer sprach und spricht eine andere sprache und nun, dreiundzwanzig tage nach Maries tod geht es in die veränderung, kindergeschrei, lachen und weinen schallt durchs haus, meine tochter ist mit ihrer familie eingezogen und ich habe mich unterm dach neu eingerichtet, mein lieblingsort im haus, dort höre ich nachts den wind und der regen trommelt aufs schieferdach und das ist das gestein, auf dem ich aufgewachsen bin, der raum ist weit und hoch, die balken reden von einer grossen kunst und ich fühle mich, trotz Maries abwesenheit zuhause.
das haus ist nicht leer, es ist voll von uns und beginnt sich zu füllen mit dem Neuen, wie es Maries wunsch vor ihrem Sterben war.
ich brauche nicht mehr so viel platz und die dinge sortieren sich von selber aus, manches, wenn nicht vieles, hat seine bedeutung verloren. manchmal sage ich mir, nichts hat mehr die bedeutung, die es einmal hatte, noch vor ein paar monaten, als unsere welt noch in ordnung schien.
gut, im garten müssten die blätter vom rasen, der eher einer altertümlichen Öslinger kuhwiese am waldrand ähnelt, und die kinder haben einiges nach ihrem gusto neu arrangiert, die amseln picken an den äpfeln, die ich ihnen gerne gebe, und die goldfische sind bei dem milden wetter noch nicht auf tauchstation im tümpel. ich gehe noch immer genau so gerne wie ehedem mit nackten füssen zum komposthaufen und dabei stelle ich fest, dass mir in meiner trauer einiges entgangen ist.
mir sind haus und garten ans herz gewachsen und ich fühle mich durch Maries tod keineswegs vertrieben, es ist meine höhle, in die mich verkrieche, wenn mir trauer und welt zu viel werden. und was die welt anbelangt, weckt sie wieder langsam mein interesse.

im ernst bin ich etwas erstaunt, dass noch alles beim alten zu sein scheint, wo doch in meinem leben ein erdbeben alles umgeworfen hat. die sozialdemokraten laborieren an ihrem langsamen verschwinden, weil sie aus der neoliberalen falle nicht mehr herauskommen, „stabile genies“ tun so, als regierten sie die welt, auf der linken pflegt man die alten klischees, die zur fatalen gewohnheit geworden sind, die alten marxisten merken noch immer nicht, dass die materielle grundlage, die alles bestimmt, auch nur eine idee ist, die ihre ansichten bestimmt, und auf der rechten ist man siegesgewiss, weil man sich auf der „richtigen“ seite weiss, ohne dass man sich gedanklich noch weiter bemühen muss. es gibt keine alternative, so hört man, und ohne moral ginge es noch besser, wie einer jüngst in der zeitung deklarierte, der es zu wissen glaubt, und Juncker torkelt heiter weiter über den roten teppich.
die erde hat demnach nur bei mir gebebt. und ich frage mich, manchmal gelassen, manchmal verzweifelt, was aus meinem leben noch werden soll. es steuert, wie bei uns allen, wie bei allem in dieser welt, auf den tod zu. ich frage mich, ob ich daraus noch einen funken schlagen kann…
ein leichter wind wind wiegt die birken unten im garten, das vogelfutterhäuschen schwankt ein wenig, wenn der kleine vogel mit der gelben brust hastig hin- und hersaust, vom futter zum tuja des nachbarn und zurück, blitzschnell, so dass ich ihn gelegentlich übersehe. die zweite katze, die ältere mürrische, die geht und kommt, wenn sie will und nett ist und mir um die beine streift, wenn sie hunger hat, ist von einem längeren ausflug in der städtischen wildnis wieder aufgetaucht. die kinder hörten heute morgen beim spielen zu meiner verwunderung die nussknacker suite von tschaikowski auf meinem alten kofferradio und vertieften sich anschliessend, nach dem aufräumen ihres kinderzimmerchaos in Lotta, einen kinderfilm, der zu meiner befriedigung mit einem regenguss beginnt.
heute nacht hatte ich einen vertrackten erotischen traum, der mich aufgerüttelt hat, so dass ich ein neues notizbuch angelegt habe, um dem nachzugehen, was von meinem sexleben übrig geblieben ist. Da ich nicht möchte, dass eines meiner kinder einblicke in mein leben bekommt, die es nicht haben will, habe ich das notizbuch mit einer warnung versehen. ich werde vor mir selber kein blatt vor den mund nehmen, das habe ich mir geschworen. tabula rasa. es gibt innere zimmer und speicher, die ich noch nicht aufgeräumt habe. wie kinder es tun, liebe ich aufräumen und chaos gleichermassen.
überhaupt scheine ich manchmal in meine kindheit zurück zu fallen. oder ist es nicht vielmehr so, dass ich in vielem ein kind geblieben bin, gottseidank, ich glaube weder an den lieben gott noch an den nikolaus, das meine ich nicht, aber meine spiellust, meine lust diesem und jenem und dem noch ganz anderen und wieder einem neuen nachzugehen, wie ich an kindern und enkelkindern beobachtet habe, das steckt auch ganz tief in mir und da ich kaum noch verpflichtungen habe, ausser der, aus der zeit, die mir bleibt, ein kunstwerk zu machen, regelrecht und unordentlich, wie ich bin, zerstreut und wach, von einem zum andern springend, ohne grund, einfach nur, weil es spass macht, und der tod gar nicht mehr so wichtig ist. ich stelle mir vor, Marie sieht mir bei allem zu und schüttelt amüsiert den kopf über mich kindskopf, und selbst das leben scheint mir manchmal überbewertet, jedenfalls, was die „stabilen geniusse“ anbelangt, und wenn wir, trotz unserer fähigkeit zu bewusstem tun, zu denken, verantwortung zu übernehmen, endlich, für die welt, in der wir leben, und vernunft nicht nur zu definieren, sondern zu manifestieren, vor allem aber zu lieben, was in meinen augen kein blosses gefühl ist, sondern eine welthaltung, wenn wir, trotz alledem, uns als irrläufer der evolution herausstellen sollten, dann kann ich auch nichts machen ausser spielen bis zum ende.
hi
tönt nicht schlecht.
was sind stimmungsgefühle wert?
„goverment is something you cannot trust“
aus einem song von j. cash
kann man stimmungen vertrauen?
sie sagen etwas aus über mich
taugen aber nicht immer für emtscheidungen.
das habe ich erlebt, als ich gestern mit einem akuten ischias von nimes nach zürich gefahren bin.
obwohl die fahrt durch verspätungen doppelt solange dauerte und ich beim aufstehen jedesmal schreien musste, fühlte ich mich .dann in zürich so gut wie selten.
völlig unrealistisch
was haben wir statt der gefühle für entscheidungsmotivationen?
nach meiner erfahrung gibt es im inneren einen kompass, dessen ausschläge sich durchaus unangenehm anfühlen können, aber wir wissen genau, das wir ihm folgen werden.. es ist kein gefühl
eher eine wahrnehmung.
ich kenne es gut aber ich kann es nicht gut beschreiben.
michael
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hi,
ja ich kann den kontrast sehen, den du meinst, ich habe mich seit gestern abend beschissen gefühlt, du kannst sagen entsprechend meiner lage, aber dann heute morgen, hat etwas mich aus dem bett geholt, das tief unter dem gefühl gelagert war, quasi „gegen meinen willen“, jedenfalls völlig überraschend bin ich aufgestanden, eigentlich viel schneller, als „ich wollte“ und habe mich ordentlich zurecht gemacht (über die energie wundere ich mich, sie widerspricht ebenfalls meiner innersten schwere und tiefen melancholie) und gehe hinunter zum café bereiten. vielleicht ist es einfach das, was mich zieht, die aussicht auf duft und geschmack des cafés und die damit verbundenen einzelnen langsamen verrichtungen, die trotz trauer und verlust funktionieren.
probeweise lasse ich das ich in den sätzen weg und stelle fest, es passiert, alles passiert, die gefühle, die stimmungen, die widersprüchlichsten dinge, wie dein ischias schmerz und dein gleichzeitiges wohlergehen am zürcher bahnhof, es passiert und bestenfalls bin ich zeuge.
woher kommen unsere entscheidungen oder ist das, was wir entscheidungen nennen nur die feststellung après coup des zeugen, dass gerade etwas passiert und das, was passiert ist eigentlich mehr als unsere verstandesentscheidung, also unser ganzes wesen, wie es geworden ist, inklusive der riesigen intelligenz, die unser körper im ganzen ist, die unser tagesbewusstsein bei weitem übersteigt, weshalb ich geneigt bin in meiner benennungswut weltintelligenz zu sagen und letztendliche entscheidungsinstanz.
wenn das stimmt, dann wäre es angebracht, so sage ich mir, sehr aufmerksam anwesend zu sein und genau zu regsitrieren, was alles passiert, darunter ich.
Theo
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