im dunkeln geht ein lichtlein an

jedes mal der schreck, wenn ein name irgendwo untergetaucht ist, weil er nicht wichtig ist. jedes mal die prüfung, jedes mal das gleiche amüsierte schulterzucken. inzwischen muss ich mich zwingen, manche dinge noch interessant zu finden, ich meine jenseits von birken selbdritt, sträuchern und bäumen in gärten (entblössten) und blumen, lilien zum beispiel in vasen oder büchern ohne aufdringlichen plot oder essays, die mich ärgern, aber unwiderstehlich anziehen, wie gerade die aufsätze von Karl-Heinz Bohrer, Kein Wille zur Macht. edition akzente bei hanser. mit dem begriff reaktionär sind gedanken nicht erledigt. sage ich mir und beim lesen entbrennt ein streit, den ich vermisse. natürlich frage ich mich auf den wegen von allerhand kulturkritischen erkundungen, ob nicht auch ich, wie jemand kürzlich schrieb, zur reaktionären Romantik neige. der betreffende machte sich sorgen, dass standpunkte heute so leicht vereinahmbar seien, dass man dazu neige, keine mehr zu beziehen.

„ich lasse mir das wildern in fremden gefilden nicht verbieten.“ meine trotzreaktion und: einiges kann gedacht, aber es muss nicht alles ausposaunt werden.

demnach, so nehme ich an, sind quer durchs ländle konspirative weihnachtstreffen in planung. mit gedenkminute, selbstverständlich, an die regierungsdirektive, wonach einkaufen und festefeiern keinen spass zu machen haben, dem verantwortlichen bürger. nur strengste askese bitte (freudlos lustlos der neueste pandemie puritanismus) und feste auf gar keinen fall, auf gesicherter wissenschaftlicher basis (was haben Sie denn gedacht) . ich meine, die miesepetrigen visagen bei den verhuschten beschleunigten emplettes sind bürgerpflicht.

„nun gehen Sie aber zu weit in der frivolität, denn menschen sterben und andere sind totkrank.“

die zurechtweisung wäre berechtigt, wenn ich nicht jeden morgen, die zeitung holend, mein memento denken würde, gefolgt vom exerzitium der todesanzeigen, gesichter von toten, namen, daten, la famille éplorée, er/sie fehlt uns nun. und glauben sie mir, ich weiss, wovon ich rede.

der dezember ist selber ein exerzitium, im dezember ist sie gestorben, vor drei jahren, an einer krankheit, von der kaum noch die rede ist und die zahl der toten wird nirgendwo genannt.

gewiss, ich setze gegen das panische, das sich mir in der einkaufsdirektive offenbart, bewusst das frivole, lieber scherzen als bibbern, vor angst.

das problem des vertrauens und der angst, das sich heute stellt, entwickelt sich entlang der frage, was man weiss und was man nicht weiss und ob man es, das wissen wie das nicht-wissen kommuniziert.

die theater sind geschlossen, die konzerte auch. mich dünkt, das absurde theater hat die strasse erobert. konzertiert wird das traurige schauspiel der öffentlichen mitteilungen. als ersatzreligion, denn es muss geglaubt werden. die umwertung des bekannten spruchs, wenn ihr nicht werdet wie die kinder, dann machen wir euch dazu.

das widerstreben schon morgens beim erwachen, wenn man sich die situation vergegenwärtigt, nach einer nacht von orgiastischen träumen mit entblössten gesichtern, handschuhlosem händeschütteln , libertinen wangenküssen, streng verhüllten hugs und accolades, die neue erotik.

der neuartige akzent bei der verwischung von öffentlich und privat.

wie lässt sich feststellen, ob einkaufen (von trotzigen geschenken) nur pflicht, nicht aber auch spass ist. es darf – nicht – gelacht werden. gesichtserkennung?

da das (tragikomische) theater verboten ist infiziert es nun die politik.

das private seinerseits, das die öffentliche sphäre infiltriert, wird zum politikum in form von morbidem. nimmt noch jemand an, im ernst, er könne massregeln ins private hinein, in bewegungsfreiheit undsoweiter, abschreckend in die seelen hinein wirken, ohne die privaten verfasstheiten zu deregulieren, so dass sie heftig aus dem lot geraten.

aber reden wir lieber nicht von nebenwirkungen, als seien sie exterritorial, nicht zur wirkung gehörig. gäbe es keine, sagte der herr doktor, wäre an der wirksamkeit zu zweifeln.

wie von furien gejagt hiess es früher, in altmodischen zeiten ging man von dämonischen gewalten aus, die angst und paranoia schüren. heute gibt es den technischen begriff des social ingeneering. man bewegt sich auf dünnem eise, die geister, die ich rief, werd ich nun nicht mehr los. und: die geister der unbotmässigkeit sind nie sehr weit.

so, in dem sinne schöne weihnachten: im dunkeln geht ein lichtlein an.

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