ich als produkt

 

was für ein wort ungetüm! und doch beschreibt es annähernd genau, was ich bin, das produkt einer gemeinsam mit marie z. geschaffenen kultur, geschaffenen Seele, überhaupt erst Seele, denn wir glaubten nicht an den aristotelisch-katholischen unsinn der eingeborenen seele. Und als solchermassen entstandener, geschaffener, ein reines zufallsprodukt. nicht geplantes, nicht kausal herleitbares produkt. welche funken aus unserm zusammentreffen schlagen würden, stand nicht fest, nicht von vornherein, es war eine seltsame auswahl aus möglichkeiten. wir hätten unsere mitgebrachten muster ins endliche fortsetzen können, die kindheitsverletzungen von kriegsversehrten älteren, die es auch nicht besser wussten (was in unsern augen nach dem satz „denn sie wissen nicht, was sie tun“ zwar eine erklärung, keine anklage, aber auch keine entschuldigung war/ist), die kindlichen folgerungen daraus, die überlebensstrategien und daraus abgeleiteten „spiele für erwachsene“. was wir auch solange taten, bis uns langweilig wurde. „ehehölle“, „scheidung“, „kaukasischer kreidekreis“ waren uns keine besonders attraktiven optionen.

uns war bewusst, dass in der zunehmenden kälte beziehungen mit ansprüchen überfrachtet werden, so dass sie daran kaputt gehen.

der erkannte schatten des andern als der eigene schatten; ich komme mir selber als der andere unentwegt entgegen, das hatten wir uns zur devise gemacht.

wie?

das gemeinsam geschaffene, die eigene kultur=seele hielt uns, hielt selbst im härtesten konflikt.

einmal bin ich abgehauen, für wochen, gab kein lebenszeichen. sie freute sich, als wir uns wieder trafen, in den bergen der alpes maritimes, ich hatte mich im hause eines bildhauers am hang von sospel eingenistet, und sie hat es mir in der woche danach gebührend heimgezahlt. Es schien mir gerechtfertigt, ich hatte keine einwände.

ich muss gestehen, ich mochte es, als sie wild fauchte und mir das gesicht zerkratzte.

069
Karl Ballmer

was mich zu meinem eigentlichen thema bringt.

die anatomie sagt eindeutig, wie männlich und weiblich in unserer kultur verteilt waren.

in wirklichkeit war es eine fluktuierende sache, männlich/weiblich und alles dazischen war eine tastatur, auf der wir spielten. wer war der vater, wer die mutter der kinder, auch das war nur äusserlich klar, im alltag variierte es.

manchmal erlagen wir den geschlechterklischees, aber eine illusion kann man nicht lange aufrecht erhalten, also blieb es beim fluktuieren, beim hin und her auf der skala menschlicher möglichkeiten.

das ergebnis: mit klasifikationen und schubladendenken, mit dem ich bin dies, nein, ich bin jenes, kann ich endgültig nichts mehr anfangen.

Vieles von dem, was in unserer absteigenden Zivilisation als eigenstes, urpersönlichstes und individuellstes betrachtet wird, ist oft nur eine manifestation von Testosteron und Oestrogen, insbesondere die extreme auf beiden polen der skala. feststeht, dass die betonierten kategorien und zuweisungen viele menschen unglücklich gemacht haben, darunter auch zum beispiel die monogamie, die sogenannte monogame ehe usw.

Da ich eine sechsunddreissige erfahrung damit habe, kann ich eine für mich evidente these formulieren. Die monogame ehe funktioniert nur als hochbewusste willenswahl, als neigung (ganz sicher nicht als kantscher imperativ oder kulturelle gewohnheit oder religiöse verordnung) und als hochbewusste alltägliche übung, in die man sein ganzes Kapital investiert (Intellekt, Vernunft, Gefühl, Wahrnehmung, Sinneserfahrung, Sinnlichkeit, Eros und Sex inklusive der Bereitschaft, den Schatten zu investigieren und in den diversen Rumpelkammern aufzuräumen und in der Entschlossenheit auch in sehr stürmischen Gewässern zu navigieren).

Mir war die Polyamorie (https://commons.wikimedia.org/wiki/Category:Polyamory) als reale alternative und alltägliche übung immer sympathisch (auch die realpolitischen versuche darin, die ich immer mit höchstem interesse verfolgt habe, um davon zu lernen).

wahl beruht eben nicht auf dem schlechtmachen der alternativen sondern auf ihrem geltenlassen und ihrer würdigung. Das war das salz in unserer monogamen beziehung. monogamie ist in meinen augen ein abenteuer, dem man gewachsen sein muss (wenn man es aushält, wird man ihm gewachsen), dessen wert sich an seinen produktionen zeigt.

zu den risiken, die man einzugehen hat, gehört in meiner erfahrung auf jeden fall die investigation der geschlechterklischees. wenn monogame zweierkultur nicht auf die metagender ebene gelangt, wird sie zur hochlangweiligen misskultur, flachland ehehölle sozusagen.

 

Ein Gedanke zu “ich als produkt

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