ein kleiner crash zu ostern, statt eiersuche im frühlingsgarten die einsammlung der bruchstücke und trümmer. jede ablenkung verschlimmert den absturz, wie kräftig sie auch sei. ich scheine mein leben nicht auf die reihe zu kriegen. wenn ich etwas unternehme, führt das mich weg von dem gerade angefangenen, bücher bleiben ungelesen, ich prokrastiniere nicht, ich versacke in einem unbestimmten weltschmerz und finde alles ohne sie nur langweilig, kaum war ein weg vielversprechend, gebe ich ihn wieder auf und lande im dickicht, verfange mich in dornenhecken und muss den rückzug antreten, immer wieder von vorn und es geht nirgendwohin.
ich kann nicht einmal innehalten, die leere spüren, das wäre schon etwas, ein punkt, von dem ich ausgehen könnte, aber ich verliere ihn immer wieder, weil alles in mir sich widersetzt, statt die karten auf den tisch ein eiertanz zu ostern, aber keine auferstehung, nur müdigkeit und konfusion – ich habe sie selber angerichtet, das ist immerhin schon eine erkenntnis.
„das ist, weil …“: solche anfänge sind fallen, bestenfalls sackgassen, ausreden, beschönigungen. ja, sie ist tot, ein jahr und über vier monate, manchmal komme ich zu potte und manchmal eben nicht. wenn ich mir die frage stelle, ja, was denn nun, junge, dann sitze ich wie vor einer wand.
ein alter lehrer von mir würde sagen, „ein guter beginn, nun meditiere die wand“. „als ob es so einfach wäre.“, antworte ich auf gut glück. „genau“, sagt er, „nicht einfach, das magst du doch und wenn du es nicht magst, umso besser, das erhöht den schwierigkeitsgrad um den faktor drei, nun setz dich hin und meditiere die wand.“ ich seufze. „nun?“, er, „um den spass zu erhöhen noch dies, es gibt keine wand, keine tür und kein tor, nun mach schon.“ ich hatte gesagt, ich würde seinen anweisungen folgen, die hausaufgaben machen, hören, „verstehen wollen“, hatte er gesagt, „ist noch nicht verstehen und tu auch nicht so.“ ich war anfangs völlig verwirrt, um nicht zu sagen erschüttert und verstand gar nichts. damals hiess es, meditiere die wand und die nächste und die nächste. ich wusste nicht, was er meinte mit der nächsten und der nächsten, ich sass vor meiner wand und verstand nichts.
damals hatte ich irgendwann den eindruck, jetzt hast du’s geschnallt, aber dann kam das leben und es tat weh und es tat gut und bald stand ich vor der nächsten mauer, sie war nicht immer im verstehen lokalisiert, sondern auch im gefühl, in der wahrnehmung, im erleben tout court und irgendwann kapierte ich dann, was er mit der nächsten und der nächsten gemeint hatte, ich glaubte zu verstehn und vergass wieder, das leben, es tat gut und es tat weh und manchmal fand ich es unerträglich und nun erinnere ich mich daran und finde, dass es nichts war im vergleich zu jetzt, dass die wand sich irgenwann auflöste und ich weiter gehen konnte, dass der willensschub stark genug war und mich weiter hinaus trug, über alles hinaus, was ich noch erträglich fand und was ich schaffte, bis zur nächsten. aber diesmal ist es anders, sage ich mir, und es ist tatsächlich anders, doch, so erinnere ich mich, es war jedes mal anders und jedesmal schien es unerträglich über alles erträgliche mass hinaus, das ende einer welt, sozusagen, und nun müsste ich zugeben, dass es diesmal mehr schmerzt, als es jemals geschmerzt hat, denn damals war sie da, irgendwo war sie, wir bewegten uns voneinander weg, wir bewegten uns aufeinander zu und wir lebten.
„aber nun„, wenn ich so anfange zu reden, dann spüre ich meine zweifel, ob ich es diesmal schaffe, ich sitze vor einer wand und erlebe, wie meine zweifel anwachsen zur höhe der wand, vor der ich sitze und die stimme, die sagt, ich möchte noch das weilchen leben, das mir vergönnt ist, ist eine kleine zaghafte stimme, die fragt auch, warum muss das so weh tun.
im traum gehe ich durch dunkelheiten. aber nicht nur im traum.
vielleicht liegt es tatsächlich an diesen festtagen, sie präsidierte über die familie, es war eine sehr milde herrschaft und sie war nicht bloss gerecht, sie war vor allem fürsorglich und zugewandt und alle sassen um den grossen tisch und redeten und stritten und lachten und freuten sich.
ich habe noch immer angst, an diesen punkt zu gehn, an dem ich ihr begegne als einer toten, weil ich angst habe, dem leben aus dem weg zu gehen und mich zu entfernen, aber ich weiss genau, auch das weiss ich neben allem andern, dass der weg zum leben durch diesen tod führt.
ich sitze da und sehe.
irgendwo in der ferne der fernsten fernen, sie, aufrecht, lächelnd und gewiss.
ich sitze da und meditiere meine wand.
Ich bekomme eine leise Ahnung wenn ich deinen Text lese, und auch die zurückgelegten Wände meines Lebens, das verstehen wollen und das tatsächlich verstehen, das nicht in Worte fassen können was hilfreich war und ist.
Ich lag heute eine Stunde mit Blick in den blauen Himmel, auch eine Art Wand 😉
Herzliche Grüße!
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