gehen, wald, stadt: für marie z.

heute schlage ich kapital aus meiner unlust. wörter kommen gegen das gehen im wald gar nicht an. autos sind im vergleich mit bäumen hässlich. joggen und hunde ausführen, alle zehn schritte ein halt, weil die welt aus gerüchen besteht, ist keine alternative; stattdessen gehen. unmassgebliche gedanken. hauptsächlich stille.

das unaufhörliche autobahnrauschen erinnert mich: ich fahre nicht mehr auto. ich gehe.

am liebsten gehe ich durch den wald. wenn jemand kommt, werde ich unsichtbar.

im wald werde ich nicht gerne gestört. natürlich sage ich freundlich guten tag. ich möchte nicht auffallen; wenn ich kein mensch wäre, wär ich am liebsten ein baum. einer, aus dem man einen schönen tisch machen kann. vorher aber wird er sehr alt.

ja länger ich gehe, desto weniger denke ich. das ist äusserst angenehm.

als es anfängt zu nieseln, freue ich mich.

ich gehe am liebsten durch wasserpfützen, wenn niemand zuschaut. der jogger, der vorbei zieht, keucht. als er vorbei ist, hängt leichter schweissgeruch in der luft. die frau mit dem grossen hund, der am wegrand zu tun hat, lächelt mir zu.

der sturm hat einen morschen baum umgeworfen.

plötzlich taucht die frage auf, was ich hier noch mache, ich meine so im allgemeinen.

die antwort ist etwas undeutlich, aber sie hat mit dem wald zu tun.

irgendwann ist klar, ich gehe zu fuss nach hause.

die stadt ist noch weit weg, aber ich erschrecke ein wenig. willst du da wirklich hin?

ganz geheuer ist mir das nicht.

 

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am bahnübergang denke ich an den zen mönch, der mit einer hand den schnellzug nach tokyo aufhalten sollte.

dann bin ich zwischen den häusern und stelle fest, ich habe angefangen zu pfeifen, nicht laut, mehr ein zischen zwischen den zähnen hindurch.

ich fühle eine unbestimmte beklemmung, ein knäuel von vager unruhe, sorge, unlust und flackernder freude, aus, an, aus, an und merke, ich gehe schneller.

wenig leute unterwegs, an baustellen sind es mehr, feierabendgesichter, dann nehmen die autos zu.

ist das, was ich nun empfinde, der beginn einer regelrechten autoaversion? am fussgängerübergang ist die ampel auf rot, ich werde ungeduldig und starre das erste auto böse an.

dann bin ich schon in den stilleren nebenstrassen.

die alten häuser, die bröckeln, haben meine ganze sympathie.

eine junge frau mit kinderwagen schaut mich ernst an, als ich grüsse. sie grüsst nicht zurück.

als ich den kirchenvorhof überquere, denke ich an mein schlechtes gewissen beim autofahren. am liebsten bin ich autobahn gefahren. und bergstrassen.

das ist nun vorbei.

ich habe kein mitleid mit mir.

ich gehe sowieso lieber.

 

 

 

 

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