die stille breitet sich aufeinmal konzentrisch aus, als hätte jemand den dingen zu schweigen geboten. dabei hört nur das radio auf zu dudeln und die stimme mit den freitagabend angeboten ist einfach weg.
ich lausche, der garten im schnee wird still und über die nachbarschaft fällt ein sanfter zauber, für einen augenblick bin ich fast glücklich und darin ist SIE abwesend da, nun tut die stille weh. es ist ein zeichen von ihr.
heute morgen beim aufwachen war mir, als hörte ich einem geheimen treffen zu in einem jenseitsraum, schweigend, sie und ich. keine störende interferenz von sorgen und redenmüssen, und die dringlichkeit, hier zu sein, zu hören, gespannt zu lauschen, als ob der ganze körper lauschte, ohne irgendetwas sonst, war wieder da, als die stimme im radio abbrach, shut up, es reicht.
anders, denn vorher war es ein hinweisen auf einen punkt und immer wieder, als würde ich dahin geführt an einer hand, zu lassen und in die stille zu gehn.
natürlich müssen die dinge gesagt werden, deutlich und überdeutlich, das meine ich auch.
ich frequentiere seit längerem, weil ich was zu verpassen glaube, ein sogenanntes social media. was für ein lächerlicher begriff für das sich drehen und wenden in der selbstbestätigung, im wechselweisen schulterklopfen. während der zug rollt.
eindeutig, ich gehöre am liebsten zur vorhut: der kühle scharfe wind des cutting edge. aber im ernst: sind wir nicht längst nachhut geworden?
wir zetern, schicken uns die nächste scharfe analyse von teilkatastrophen, winken mit fähnchen like, sad, angry, wow und verteilen herzchen hier und da, sagen ganz treffende dinge und der zug rollt, nicht in die gewünschte richtung.
und wir laufen hinterher und haben recht.
spiessen die vorurteile auf, demaskieren die konstrukte, die altneuesten menschenfeindlichen anwandlungen, mit denen andere längst wieder operieren; provokatorisch keck und verschmitzt spielen sie auf alten ängsten und rankünen wie auf einem instrument und kriegen, was sie wollen: medienaufmerksamkeit, entrüstungssturm mit halbherziger entschuldigung, und weitere entrüstung und aufmerksamkeit. die grosse zahl applaudiert insgeheim, verstohlen und auch offen wieder oder schweigt anästhesiert.
wir aber kommentieren hektisch.
und wer ist wir?
wir sind von algorithmus gnaden; wir rufen und gestikulieren, entrüstet und entsetzt, der zug fährt weiter.
Ich meine, stille ist angesagt und in der stille, gründlicheres denken und die alte frage/ was tun?
das gilt für mich.