Ordentliche Prosa, sage ich mir, kein verquerer Satzbau und vor allem keine verquirlten Gefühle, das Wort tordu fällt mir ein, torture, Autotortur wie in Selbstgeisselung und mit Lust. Andererseits, warum eigentlich nicht, warum sollte ich mich geisseln, weil ich mich geissele.
Tatsächlich ist die Ordentlichkeit mir abhanden gekommen, ich meine als strukturierende Idee, ich manövriere in kaum bekannten Gewässern (die intime Kartographie anderer Leute hilft bei der allgemeinen Orientierung, Himmelsrichtungen und so), deshalb: Chaosmanagement ist mir nun angemessen, auch sehr privat und intim, stürmisches Wetter allenthalben. Ich frage mich, was ist Innen und was ist Aussen, mehr als façon de parler, morgens sammle ich mich aus der Umwelt wieder ein.
Vorgestern schrieb ich von morgendlicher Enttäuschung; Das hat mit meiner Lektüre zu tun, vor allem weil sie meine tägliche Erfahrung bestätigt. Jeden Morgen, wenn ich die Augen aufschlage, spüre ich eine leichte Enttäuschung, nicht als ob mir meine Wahrnehmung Unrecht gäbe, denn alles ist so, wie ich es abends zurück liess (oder fast, nicht mehr ganz so) und schön ist es auch, nach meinen Begriffen, aber es scheint damit eine Bewandnis zu haben: Als sei das, was hinter mir liegt in der Nacht, schöner, reicher, erfüllender, kompletter, perfekter, allen Ansprüchen weit mehr genügend gewesen, ein Gefühl von … (naja) Transzendenz, etwas, das alle meine Erfahrung am Tage meilenweit überschreitet. (Demnach bin ich beim ersten Blick in die Welt durchaus verständlich enttäuscht.)
Die Enttäuschung legt sich, ich tröste sie mit der Lust Wörter zu finden, um an der Grenze des mir Sagbaren keineswegs anzuhalten. Ich war immer schon neugierig, über den Zaun zu steigen, deshalb die Faszination für Waldsaum, Hecke, Flussböschung und Horizont, was ist jenseits und weiter, was ist darüber hinaus, immer weiter, unaufhörlich und in die Unendlichkeit hinein.
(Worüber man nicht reden kann, davon schweigt man: Ich lese den berüchtigten Wittgenstein Satz als einfache Feststellung, denn als Anweisung scheint er mir deplaziert. Dann geht es um das, was ich noch nicht zu sagen vermag. Um Grenze, Erfahrung der Grenze und Übergang.)
Ich habe mir meine kindliche Neugier bewahrt, sage mir, kann man hinüber, gibt es doch Wörter und wenn nicht, müssten nicht welche erfunden werden oder die altbekannten neu aufgeladen mit Sinn und Bedeutung.
Das Problem allen Reisens ist doch, man fliegt, so weit man denken kann, Papua Neuguinea, Feuerland und die Tiefen der Weltwüsten und nach Innen ist kein Land, keine Heimat, meist Leere oder Verstaubtes, Konfusion und verwirrendes Leiden, man verabreicht sich Gefühlstöter, man repariert sich mit Dingen, mit Bildern, man hat Angst: vor sich selber. Jemand sagte einmal, unser Gefühlsleben sei wie Traum (kein luzider) und unser Willen wie Schlaf.
Ich sehe doch selber, wie ich zusammen zucke, wenn es von Aussen in mich einschlägt, wie es von Innen her dürftige Antwort gibt, die den Überfällen kaum standhält und dabei heissen diese doch einfach nur Leben.
Ich frage, wo ist der Fixpunkt, den es nicht gibt. Gegen das Nicht setze ich: die Erfindung meines inneren Raums, das Zuhause im Nirgendwo, statte es aus, schaffe Unanfechtbares, Sicheres, in die Leere grabe ich die besondere Stelle, wo vorher nichts war, die Stille, die absolut friedliche, ich kehre dort ein, wenn auch sonst nichts mehr hält.
Innenausbau, so heisst das doch heute.