liebe ist eine synästhesie

Marie Z.
ich weiss nie, wozu das führt, wenn ich an die tastatur gerate, meine finger tippen von selber dinge, die ich persönlich indiskret finde. andererseits gefällt mir die systematische dekonstruktion eines rufs, falls man je einen hatte, falls nicht, so kreiert er sich noch im auseinandernehmen.

auch ich arbeite an einer illusionären dauer, einer konsistenz, die ich nie hatte, marie war sozusagen der anker, der mein luftschiff am boden hielt. manchmal bekomme ich deswegen angst, so ganz allein, wie damals im wald, aber ich habe nie gesungen, ich war mucksmäuschenstill und hörte auf das geraschel, die vermeintlichen schritte waren von einem fuchs, einem hasen, das kam damals noch öfter vor. vor wildschweinen, besonders im frühjahr, einer bache mit ihren fünf kleinen, hatte ich besonderen respekt, dann verliess ich den pfad und schlug mich durchs unterholz, schnell ausser reichweite.

darf man von einer beziehung sagen, dass sie einen auch schützt vor der welt und nun spüre ich überall durchzug und rauheres wetter.

nun muss ich aus meiner deckung, aber in der dämmerung rede ich noch immer nicht laut mit mir und im dunklen wald singe ich nicht. ich verlasse den vorgetrampelten pfad ohne grund. natürlich ist es egoistisch, von mir zu reden, statt von marie, aber ich sammle schon materialien für ihre biographie, ich stecke den kopf in ihre kleider und ahne noch ihren fernen geruch (eine mischung: ihre haut mit ihrem parfum, meine sucht). danach bin ich stundenlang für gar nichts zu gebrauchen.

heute träumt es sich  ja modisch von einem ganz anderen leben, meist wird man gar nicht gebeten, man fällt hinein wie in einen alptraum. aber das liegt nur an der perspektive oder dem begriff, wenn man den beiseite legt, kann man sich in fast allem einrichten (ich rede nicht von den schinderhütten dieser welt). ich suche jedenfalls noch immer nach einem trockenen plätzchen, an dem man sich gut betten kann.

gestern mittag (in einer stillen ecke des gartens) ertappte ich mich bei der erinnerung an den duft ihres haars und meine lippen auf schulter und hals, genau in der beuge, sandelholz, lavendel, klatschmohnrot, marin blau und ocker, frag mich keiner, wie ich darauf komme. Liebe, so sehe ich das jetzt, ist eine synästhesie.

Marie Z.

Kommentar verfassen

Trage deine Daten unten ein oder klicke ein Icon um dich einzuloggen:

WordPress.com-Logo

Du kommentierst mit deinem WordPress.com-Konto. Abmelden /  Ändern )

Facebook-Foto

Du kommentierst mit deinem Facebook-Konto. Abmelden /  Ändern )

Verbinde mit %s

Diese Seite verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden..