was auf keiner seite steht

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noch im halbschlaf ein weckruf, ein wachmacher, nun geh ich aufmerksamer umher, im hintergrund ein leichter schreck, aber ich wundere mich nicht allzu sehr.

die nässe unter den fusssohlen bei der ersten erkundung draussen, eine frische luft, nachwirkung des nächtlichen regens, das prasseln auf dem dach eine vage erinnerung, ich fühle mich dann geborgen.

geheimnisse? sehr wenige und nicht sehr bedeutende: man ist meist gewöhnlicher als man denkt und teilt das meiste mit allen, die grundmuster jedenfalls, muss man was besonderes sein, offensichtlich gibt es die vorstellung, als könne man sonst nicht überleben, als einer wie andere auch.

ich träume, ich gehe allein zwischen bäumen, der wald wispert, zwielicht, keine ahnung ob morgen, ob mittag, plötzlich stolpere ich über einen gefallenen ast, schaue erstaunt auf und da steht sie, an einen baum gelehnt und schaut, na wie, spöttisch, ironisch, eher liebevoll, ja, tatsächlich.

ich habe mein zögern bemerkt, meine zweifel an mir und an allem, meine ungläubigkeit. als ob ihr tod jede liebenswürdigkeit mitgenommen hätte.

und wieder ein anderes ende und ein anderer anfang. wovon?

ich lebe, so stelle ich fest, noch immer im niemandsland der trauer um diesen verlust, dieses fortgehn und manchmal ertappe ich mich morgens beim überfliegen der morgenzeitung, ein ritual, das mich an sie erinnert, dass ich mehr mit toten rede als mit lebenden. so viele, die mir nahe standen, sind weg. und ihre stelle bleibt leer, soviel weiss ich inzwischen; es gibt keinen billigen oder teuren ersatz, meist ist ein rest von fassungslosigkeit dort, wo ich sie alle vermute.

das alleinsein führt zum verlust der konturen, schon die präsenz des andern hält die gespenster in schach, die einen nachts und frühmorgens überfallen. ich bedaure, dass ich nicht lustig bin und mein glück: die noch nassen steine heute morgen unter meinen fusssohlen und die frische des sommerendes.

sonst ist es still und ich sitze mit der stille.

es gibt redeweisen mit abwesenden, über die man am besten schweigt.

jedenfalls bin ich aufgerüttelt schon am frühen morgen und gehe vorsichtiger, umsichtiger, lese die zeitung, als sei sie die offenbarung, wieder ist ein aufrechter weg, an der mosel sind wände und keller noch nicht trocken vom letzten mal und ich bedenke all das, was heute auf keiner seite steht.

immerhin erreicht die welt mich wieder und an meinen mundwinkeln zuckt es vedächtig.

 

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