des journées moroses

 

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grummelig, grantig: identitätsspiele: faute de mieux, man hat keine identität, ausser dem üblichen, ein paar banalitäten, einige vorlieben und abneigungen, selbstverständlich, meist weiss man genauer, was und wen man nicht mag, als wen man schätzt und was man will: das übliche. die öffentlichen identitätsangebote in warenhäusern, fernsehsendungen und sozialen medien, was für ein begriff, daneben noch, lieber „belsch plaasch“ als „koot dazür“ oder lieber doch ganz weit weg? und wenn man kritisch ist und sich gerne öffentlich aufregt, irgendeinen dumbass, „trëllert“, tolpatsch, der sich mit unzumutbarem outet, findet man immer. umgekehrt, wenn man unbedingt aufsehen erregen will, um jeden preis, irgendeinen scheiss, von dem man weiss, er wird ein aufschrein verursachen und die wellen schlagen hoch, für einen tag oder mehrere, bis der aufschrei seine runde gemacht und verebbt, bis zum nächsten.

vor allem die frage (selbstkritisch): bin ich auch nur um einen deut besser?

man läuft immer irgendwas hinterher?

ich zum beispiel, interessanten gesichtern, meinetwegen die geburtsdaten fantasie, aber das leben darin.

vergebens oder umständlicher allerdings verläuft die suche nach „positiven“ meldungen, berichten über gelungenes, konstruktives, am ehesten findet sich das noch unter der rubrik kultur, wie heute morgen, die üblichen gesichter, die üblichen desolaten äusserungen, politik hat mehr mit sagen als mit tun zu tun, der rest ist wirtschaft und die läuft, wie üblich.

neuerdings was für die „seele“, freunde seien wichtig für das wohlbefinden, vorgestern gab es zwei seiten ichweissnichtmehrwas und mitten im winter ein wintereinbruch und in island zwanzig grad, angeblich, in griechenland eine weisse decke und hier? irgendwo schaufeln sie schnee und reisende stecken fest: das muss doch spannend sein, endlich passiert was und nicht nur ein riss im strumpf oder ein klecks auf der krawatte.

was ich habe? was mich heute angeht?

beim allmorgendlichen zeitunglesen, ich hole sie noch selber vom briefkasten ab (auch das wie üblich), heute morgen mit nackten füssen (ein spleen wie ein anderer) auf dem von der letzten streu auf schnee körnigen boden und kalt sind sie schon die steine, aber das gehört zum aufwachenwollen wie das langsame vortasten über zeitungsseiten in die welt, während die cafétasse zum mund wandert, der sich wundert und feixt, der premier minister beim aufschlagen eines dossiers.

es ist januar und nichts los, ausser ungebauten texmex mauern und treinens koranübersetzung in das lu-idiom kommt zu ehren.

ich kapituliere und schreibe seichtes zeug auf, das ich mich gar nicht zu veröffentlichen traue.

die tage im januar ohne marie sind irgendwie leer und manchmal ist es ohne sie zu still und mir fällt nichts ein, so ganz ohne sie. und die lektüre im Vernon Subutex, dem letzten band macht es auch nicht besser.

des journées moroses. keine gelesenen sexszenen, bei denen mir kalt wird. keine äusserungen über alte männer im Subutex 1, den ich gestern wieder aufgeschlagen habe, nicht zu meinem vorteil, aber immerhin ein masochistisches grinsen, halbwegs gelungen, daneben altersnostalgie und melancholie zuhauf.

wir hatten uns vorgestellt zusammen alt zu werden und nun das, wie sage ich immer, es ist gar nicht lustig.

heute morgen verordne ich mir eine dosis optimismus, positiver gestimmtheit und fasse den unerledigten haufen papiere auf meinem schreibtisch ins auge, ich habe ihn wochenlang mühsam übersehen, wie wäre es mit einer mutigen tat, rechnungen bezahlen (sonst wird das telefon abgestellt (eine offizielle drohung) und das internet mit (eine erholsame vorstellung) und formulare ausfüllen, danach der aufrechte gang zur post und ein kurzer blick in den shop voller bd’s zur belohnung?

und nun erst die erinnerung an den gestrigen gang vom bahnhof her über den boulevard und körniges jagt dir der eisige wind ins gesicht,  der slalom um eilige in der anderen richtung, das lärmen der autos und busse und plötzlich die unerhörte stille unter der brücke, das eintauchen in das frühabendliche zwielicht des parks und vor dem dunkel schimmernden teich eine kohorte von qietschenden vögeln und das gehen erst und die beschleunigung auf der geraden auf dem weg nachhause.

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