mit Subutex 3 (V.D. lockt einen gerne auf abwege und bist du erst im hinterhalt, dann bist du verloren) eine (zumindest am anfang angenehme) lesenacht, aber, wie gesagt, immer drauf gefasst, dass du in was hinein gerätst, das gar nicht so lieblich ist, und die geschichte von vero, einer ex lehrerin, die im suff ihrem vorgesetzten einen tollen brief schreibt, mit allem, was sie dem typen schon immer sagen wollte, und dann rausfliegt. (spoiler alarm). das sage ich neidlos, ich habe die passage bewundert, die bemerkungen über vorgesetzte trafen bei mir einen sensiblen nerv und auch wenn es gelegentlich richtig weh tut, ich bin hingerissen von dieser direktheit, keine langen umschweife, eine watsche und die sitzt. und sie teilt einige aus. (vero (die beschreibung) erinnert mich an die alkoholiker bei Frank Schulz, Ouzo Orakel und ähnliches)
gleichzeitig Eiscafé Europa von Enis Maci, sie ist mit den Mitwisser n bekannt geworden und eine wucht. die essays: ich bin hingerissen und sage gar nichts darüber. nur soviel: wie sie schreibt, mich zieht das hinein und ich habe doch noch mehrere andere eisen im feuer und das angelesene, noch nicht gelesene stapelt sich.
wie lebt es sich mit buchmenschen, erfundenen, und autorinnen und von allen habe ich nur das geschriebene? die frage am frühen morgen, inzwischen erspüre ich klimatische variationen mit nackten füssen, noch im einviertelschlaf an den briefkasten und ich schwanke zwischen weiterlesen und hinausgehen in das nasskalte (schweinewetter wollte ich sagen und bin dann in einer meditation über den ausdruck hängen geblieben).
bei Enis Maci der begriff widerstand und ich drifte ab, selbst wenn ich nur noch einen tag hätte, was neues anfangen, widerstand gegen die resignation. (die doch auch vorhandene lust, aufzugeben, sich tot zu stellen vor dem abgang. manchmal stelle ich mir vor, ich erfinde noch ein paar rituale, die den tag ausfüllen und ziehe sie jeden tag durch, kein raum für irgendeinen neuen gedanken und nur routine, bis ich ganz ausgetrocknet bin?)
deshalb die vorfreude auf das schweine wetter, die feuchte kalte luft, den regen, die nässe auf baumstrünken und gehsteigen, ich werde so tun, als strebe ich eilig einem ziel entgegen (überhaupt: ziele setzen, die richtige verfassung dazu erfinden, sich ins ziel hinein locken lassen (die rabenkrähe im tiefflug überm dach ist offensichtlich mit mir einverstanden)). ich bin auf seltsame beggnungen gefasst, die meisten leute sind, wenn man das oberflächlich-glatte einmal weglässt, mit ihren geschichten und individuellen prägungen immer interessant. meist ist es nicht einmal das, was sie sagen, sondern was sich darin ausdrückt, beweggründe, motive, seinsformen tout court. das hilft missverständnissen auszuweichen.
ansonsten ein satz, den ich mag: „Qu’on est les locataires des situations, jamais les propriétaires.“ (Virginie Despentes, Vernon Subutex 3). woran ich dabei denke, ist kein rätsel, aber der ausweis für diesen blog: ich packe karten in umschläge, darauf marie, ein kurzer text, den ich vor ein paar monaten gecshrieben habe, hier ein foto davon, zu ihrem gedenken.