(aus den poetik vorlesungen von Felicitas Hoppe entnehme ich den rat (sie gibt ihn nicht, sie beschreibt bloss „hoppe“), zum er überzugehen, zur gewinnung einer distanz und wer ist er eigentlich, von dem ich die ganze zeit schreibe, als wär er ein ich.)
was tut man in einem kleinen wind wie diesem und unter dem fast weissen oder sehr blassblauen himmel, rauch steigt kaum sichtbar aus dem schornstein gegenüber, gleich neben dem baumwipfel, der sich im wind wiegt (und wieder still hält).
und dann vergisst man sich.
er schaut hinaus und sieht eine ebene, gras und bäume, er wandert über eine heide, keine hügel, überhaupt ist er meist unterwegs (so stellt er sich vor, eine fantasiereise mehr oder weniger).
man kann nicht erzwingen, dass die alten wieder wahrgenommen werden, die gesellschaft will jung sein, ab einem gewissen alter fällt man vom rand, ausgelagert, ausser sichtweite und wenig zu sagen, altersgebrabbel höchstens und warum sollte man denen zuhören, ausser man will was wissen über altwerden, niederlagen und tod und wer will das schon oder über die schönheit von bäumen und wäldern und parks?
eine scheinfrage. pas de suite logique dans les idées.
er sagt: unser leben erinnert mich an das kreuzfahrtschiff gestern in der zeitung und was wallace darüber schrieb, lustig, lustig, aber wie horror.
er geht manchmal in den garten und verschwindet dort an einem haselstrauch oder einem hollunder, dann taucht er für tage nicht mehr auf, er sucht nacht marie und kommt stumm zurück, hat er sie wirklich getroffen?
der baumwipfel, der tanzt im wind zwischen schornstein und lifthäuschen auf dem dach gegenüber, es ist ein wogen, ein sanftes hin und her, ein sehr elegantes, das kann er denken. aber was gerade vorgeht, in den köpfen von entscheidern, sogenannten, und politikern, das kann er sich nicht vorstellen, denn abwege kennt er nur in der form von holzwegen, plötzlich enden sie und du schlägst dich durch, da ging noch keiner oder nur wilde tiere, füchse und rehe und vielleicht ein wildschwein, eine bache mit den lustig gestreiften jungen, wenn es darauf ankommt, macht man sich am besten aus dem staub.
wahrscheinlich ist er in einer höhle am hang gross geworden, eine art erdloch zum teil in den schieferstein gegraben, mit holzpritschen um den zentralen stützpfeiler, ein knorriger eichenast, länger lebte er dort mit einer freundin, im sommer liefen sie unbeschwert umher und waren still, wenn oben, hoch oben auf dem pfad jemand vorbei kam, nur zum essen gingen sie nach hause, was man so nachhause nennt und es ist keins, und zum schlafen schlichen sie heimlich hinaus und trafen sich am hang, wer will schon sowas glauben, oder sie lagen unten am fluss und es wurde ihnen nicht kalt. sie erfanden eine eigene zivilisation und wörter bedeuteten noch etwas, fast waren sie eins mit den dingen.
hier ist das meiste nur schein, denkt er.
zwischen all den häusern und mitten unter den autos wird alles irreal, er würde sich gar nicht wundern, würden die strassen plötzlich aufhören und enden im nichts, nur schwärze.
weiss man inzwischen noch, was ein lächeln wert ist? er stellt sich vor, die wahlkandidaten lächeln den ganzen tag, auch auf dem klo oder allein in einem zimmer, selbst im schlaf lächeln sie weiter, ein dauerlächelkrampf.
deshalb geht er sehr ernst unter leuten, er lächelt nur noch heimlich, der katze zu oder dem eichhörnchen, unter bäumen lächelt er grundsätzlich, aber nur, wenn sonst niemand in der nähe ist.
er stellt sich vor im wald zu leben, am rand einer lichtung, denn es hat sich noch jemand gefunden, wie marie und doch ganz anders, oder auf einem berg, ziemlich allein, aber zugänglich, wenigstens an einem hang, um zu tal gehen zu können und wieder hinauf, überall wo er ist, vergleicht er gefälle mit dem der kindheit, ist es steiler oder weniger steil.
es gibt keine echte wiederholung, denkt er. aber den wald , in dem er mit ihr leben würde (warum eigentlich kein er? wegen dem fehlenden kontrast?) oder sie mit ihm, kann er sich gut vorstellen, demnach keinen mit vielen pfaden, aber sicher mit hängen und schluchten, wenigstens einem fluss, einen tag zu fuss abseits, wegen den motorengeräuschen. wegen der nacht auch, der richtigen nacht.
gewiss, er hat zuviel robinson gelesen, immer wieder, er erinnert sich noch genau an das bild auf dem umschlag, aber man braucht die anderen augen und gesichter, sonst vergisst man sich und wird wie stein und flechten und moos, er träumt nicht von verwilderung.
er würde in der nahen stadt gehen wie in einem urwald, auf der hut und überwach, aber dahin würde es ihn immer wieder ziehen, auch wegen dem kontrast, den man braucht, wie ein ihm bekannter weitgeher bestätigte.
von marie würde er ein foto mitnehmen oder zwei, er würde sie nicht vergessen wollen und im grunde, das heisst, wenn er es recht bedenkt, ist er noch immer mit ihr unterwegs, das hat gar nicht aufgehört.
und einer hat auch gesagt, wenn man ihn unterwegs erblicke, habe man immer den eindruck, es gehe noch jemand unsichtbar neben ihm, so sehe er aus. nur er selber habe es noch nicht richtig bemerkt. aber dass er anders geht, das ist ihm schon klar.
immer mehr denkt er daran, wie jung sie war, für ihn war sie immer jung, mitten in der ganzen veränderung. es hatte mit gesten und bewegungen zu tun, die nur sie beide kannten. bei einer wie ihr, da will man, auch wenn man noch leben will, mitgehn, wenn sie weg geht. man spürt das jeden tag. man ist einfach so, wenn jemand wie sie tot ist. man hat vergessen, was es ist, wenn von sinn geredet wird und ziel. man sitzt in der sonne und geht im garten und man ist nun so, hier geblieben und mit weg gegangen.
man entfernt sich ein stück von allem, wenn eine wie sie nicht mehr da ist, das wollte er sagen.
deshalb wechselt er die strassenseite, wenn er an den schrillen gesichterwahlwänden vorbei kommt, wenn ihn auf der andern seite nicht weitere, aber diesmal überlebensgrosse gesichter anstarren würden, deshalb geht er schneller als ihm lieb ist, denn gerade scheint ihm die sonne ins gesicht und an der ecke stehen leute und er hört ihr reden fast nicht, weil er sich so beeilt, an diesem überlebensgrossen lächeln oder ist es nicht schon mehr ein zweideutiges grinsen, vorbei zu kommen. er hat fast keine zeit zum grüssen, so schnell geht er, fast ist es schon ein laufen.
und sie läuft wohl mit, wie er sie kennt.