schon lange jahre, inzwischen ein dutzend, schreibe ich einleitungen zu geschichten und darüber hinaus geht es nie, die geschichten werden nicht erzählt, die einleitungen gelöscht (einige habe ich aufbewahrt) und ich beginne von neuem.
anfangs dachte ich, es liegt daran, dass ich mich schnell langweile und die lust verliere, es liegt daran in wirklichkeit und ehrlich, ich erfinde nichts, dass das leben mich ablenkt, mit einer kräftigen dosis von diesem und von jenem, von allem ganz offen gesagt, ich mache fast keine unterschiede mehr, was mich leidenschaftlich beschäftigt, beschissen fühle ich mich oder sehr glücklich.
jüngst habe ich mich wieder an einer einleitung versucht, immerhin so zehn zwanzig a4 dinger aufeinmalund ich musste mich mehrmals widerrufen, am dritten tag sank das interesse unter null und einige tage später begann ich von neuem, die ultimative einleitung für eine geschichte, die es noch nicht gibt.
nicht geben kann, weil die umstände so bemerkenswert chaotisch und daneben sind? nein, weil ich keine ausdauer habe?
marie zuliebe habe ich mehrere geschichten zu ende geschrieben, so hundert bis zweihundert seiten und mehr, sie fand die sachen mau und zusammengestrichen wurden sie auch nicht besser. die ruinen sind im archiv virtuell aufgehoben, ich finde das schön, ein druck auf eine taste und weg sind sie, im orkus verschwunden.
woran lag es? die eine war zu sehr vergangenheit, eine alte geschichte, aufgewärmt und nur halb verdaut, eigentlich unappetitlich, die zweite zuviele geschichten aufeinmal, so dass einem übel wird, wie nach zuviel dessert, aber bittersüss, das mag auch nicht jeder, marie jedenfalls hat gestrichen und ich sah mein werk schwinden und ohne substanz.
regelrecht verfolgt werde ich von der folgenden idee, die angeblich aufgeschrieben werden will: ein haus, gross, viele zimmer, jedes anders und überraschend und darin zwei leute zuerst, dann drei, dann mehrere, die zimmer füllen sich langsam, noch am anfang nomadisieren die bewohner im haus, mal hier mal da, männer und frauen, nein, wesen aller art, aber menschen, eine katze noch, weil die niemand gehorcht und angehört, nur sich selbst, und ein garten wie im kloster, ein asyl vor dem ansturm der welt (nachts reisst das haus sich vom boden los und segelt davon) und nun die komplexen figuren, die sich ergeben, tango natürlich und keineswegs festgelegt, sehr beweglich und morgen wieder ganz anders, aber diese fürchterliche sehnsucht nach einer art heil, aber frag mich keiner, was das heisst, ein sog, eine anziehung über alles hinaus und eine freude, aber das „trotz allem“ auch darin. wohin so ein haus segelt, weiss nun keiner mehr.
ich wollte diese geschichte erzählen, bis mir klar wurde, es ist mein leben mit marie und die personen, das sind wir beide, unsere spiele, unsere verkleidungen, unsere maskeraden über die jahre, unsere vielen gesichter, eine multitude und einige davon liefern sich gefechte und andere fallen sich in die arme und… ich werde nichts offenbaren von all den andern, denn nun ist das haus fort, am horizont untergetaucht in eine parallele welt, nachts geistere ich darin mit marie, es ist verschwunden und auch wieder nicht, oft denke ich, es war nicht, es ist jetzt, jedenfalls bin ich übrig und marie sagt, so viele leute bist du, möglicherweise alle, die dir jemals über den weg gelaufen sind und noch laufen, ich jedenfalls und alle, die du freundlich angeschaut hast.
wir haben nicht genug tango getanzt, sage ich, einfach nur, weil ich zu perfektionistisch war, und trotzdem, improvisation hat auch einiges für sich. jedenfalls, fragte man mich, wie es war, sags in einem wort, dann würde ich antworten: tango.
und das haus?? in meinen träumen suche ich es, werde ich es finden, manchmal eile ich von zimmer zu zimmer und eben war sie noch da, ein hauch in der luft, ein parfüm, eine farbe, eine bewegung ihrer hand, unsichtbar nun und sie: schon weiter, viel weiter.
schreibs auf, sage ich mir am morgen, schreibs auf und ich beginne von neuem, die einleitung zu einer geschichte, die geschichte von einem haus und leuten in jedem zimmer und immer andere und stimmen, manchmal laut, manchmal leise, ein kichern, ein lachen, sie reden gerade von einem ganzen leben in einer ganzen welt, aber das ist wieder eine andere geschichte und dies nur eine einleitung dazu.